Spielleitplanung und E-Partizipation

Entwicklung einer E-Partizipationsmethode für Jugendliche im Rahmen der Spielleitplanung in Dortmund

Diplomarbeit an der Fakultät Raumplanung,
Technische Universität Dortmund
November 2010

Hintergrund und Anlass der Diplomarbeit

Das Internet revolutionierte Kommunikationswege und -möglichkeiten. Bestehende Kommunikation wurde weiterentwickelt und um gänzlich neue Formen bereichert. In diesem Zusammenhang sind neue Interaktionspotentiale generiert worden, die es ermöglichen, Prozesse nicht nur anschaulicher zu präsentieren, sondern auch in einen aktiven Dialog darüber treten zu können. Das Internet wird seit geraumer Zeit als ernsthaftes Planungsinstrument eingestuft. Kölling stellt allerdings fest, dass das Potenzial des Internets als Planungsinstrument trotzdem bislang nur selten genutzt wird (vgl. Kölling et al. 2001: 26f). „Vor zehn Jahren war das Internet noch kein alltägliches Medium“ (Schröter 2009: 227), eben das damalige Neue Medium. Lediglich ein Drittel der Bevölkerung Deutschlands hatte überhaupt eine Zugriffsmöglichkeit darauf. Vorteile und Potenziale des Internets als Planungsinstrument waren damals – besonders für Einbeziehung der Bevölkerung – noch nicht ersichtlich.

Im Jahr
2005 wird der Einsatz Neuer Medien in Planungsprozessen aufgrund technischer Entwicklungen und Anwendungen der onlinegestützten Informations- und Beteiligungsmöglichkeiten aus einer veränderten Perspektive betrachtet. Als eine besondere Herausforderung wird die zielgruppengerechte Ansprache benannt (vgl. Sinning 2005: 7). Untersuchungen über Onlineangebote zeigen, „dass die Internetangebote in der Regel nicht ausreichend auf die Nachfrage, vor allem nicht auf die spezifischen Bedingungen und Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger [...] abgestimmt sind“ (Sinning 2005: 7).

Eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums des Innern kommt im Jahr
2008 zu dem Schluss, dass in der Stadt- und Raumplanung von einem Experimentieren mit dem Internet als Planungsinstrument bzw. als Plattform zu E-Partizipation knapp zehn Jahre nach ersten Erprobungen nicht mehr gesprochen werden kann (vgl. Albrecht et al. 2008: 36): „Das Internet hat sich heute als ergänzender Kanal der Bürgerinformation und -beteiligung in der raumbezogenen Regional- und Kommunalplanung etabliert. Nicht zuletzt drückt sich dies auch in der gesetzlichen Verankerung der E-Partizipation im Baurecht aus, die im Jahre 2004 erfolgte (§ 4a BauGB)“ (Albrecht et al. 2008: 36).

Im November 2009 wird auf der IfR-Fachtagung „Öffentlichkeitsbeteiligung im Internet“ folgende Aussage getroffen: „Die Stadtplanung ist im Internet angekommen!“ (vgl. Baum 2010: 50). Die Fachtagung fand zum Abschluss des Projektes IfR-Internet-Preis statt, bei dem jährlich von 2000 bis 2009 der IfR-Internet-Preis an Kommunen oder andere Körperschaften und Institutionen, die sich mit Planung befassen, verliehen wurde. Ziel des Wettbewerbs war es, „Bebauungspläne und sonstige Planungen im Internet auszuzeichnen, die so angelegt waren, dass die Nutzer/innen zu einer Beteiligung angeregt wurden“ (Baum 2010: 50). Aus den Erfahrungen von zehn Jahren IfR-Internet-Preis können klare Maßstäbe für Qualitäten im Internet formuliert werden. Weiterhin können aus diesen Beispielen Meilensteine und Stolpersteine der Öffentlichkeitsbeteiligung und der Kommunikation im Internet benannt werden.

Diese unterschiedlichen Statements zum Einsatz des Internets in Stadtplanungsprozessen zeigen bereits, dass sich innerhalb kurzer Zeit
neue Potenziale für eine Transparenz in Planungsverfahren, eine erhöhte Chance zur Kommunikation zwischen Akteuren und Bürgern sowie generell ein gesteigerter Informationsfluss entwickelt haben. Diese Chancen und weitere technische Entwicklungen sollten in aktuelle Planungsprozesse einbezogen werden, um eine gute Qualität der Information und Partizipation im Internet in Zukunft zu erhalten und zu verbessern.

In Dortmund läuft seit Februar
2008 das Planungsverfahren Spielleitplanung in einer dreijährigen Modellphase. Die Spielleitplanung ist ein strategisches Planungsinstrument zur „Erhaltung und Verbesserung des Lebens- und Wohnumfeldes von Kindern und Jugendlichen [...]. Wesentlicher Kernpunkt ist die systematische Beteiligung von Kindern und Jugendlichen am gesamten Prozess“ (Stadt Dortmund, Jugendamt und Stadtplanungs- und Bauordnungsamt (Hg.) 2009: 1).

In der Modellphase wird das Verfahren zunächst in den drei Dortmunder Modellstadtbezirken Brackel, Innenstadt-West und Lütgendortmund implementiert. Derzeit befindet sich der
Verfahrensprozess in der Phase der Bestandsaufnahme. Aufgrund der Verfügbarkeit von personellen Ressourcen innerhalb der Prozesssteuerung wird der Stadtbezirk Brackel primär bearbeitet. Die anderen Stadtbezirke werden sukzessive folgen (vgl. Protokoll Lenkungsgruppe Spielleitplanung Dortmund 17.08.2009). Aufgrund erster Erfahrungen aus Beteiligungsmethoden zur Bestandsaufnahme ergeben sich bereits neue Herausforderungen: Erstens bestehen Schwierigkeiten, insbesondere Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren mit bereits erprobten Beteiligungsmethoden anzusprechen. Zweitens ergeben sich aus den differenten Situationen von Kooperationspartnern in den einzelnen Stadtbezirken unterschiedliche Rahmenbedingungen im Prozessablauf der Spielleitplanung. Drittens fehlt der Spielleitplanung in Dortmund momentan eine kohärente Außendarstellung im Sinne der Öffentlichkeitsarbeit im Planungsprozess Spielleitplanung. Aus Ergebnissen durchgeführter Fragebogenaktionen in der Bestandsaufnahme der Spielleitplanung und der Jugendarbeit in Jugendfreizeitstätten ist ersichtlich, dass Jugendliche sich einen Großteil ihres Alltags mit dem Internet beschäftigen. „Kinder sind ‚digital natives´“ (Lauffer 2009: 1f).

Das heißt, Kinder und Jugendliche wachsen in eine
moderne Welt, die von Medien und elektronischer Kommunikation geprägt ist, hinein. Aktuell vollzieht sich ein Übergang von einer durch Massenmedien geprägten Umwelt hin zu einer partizipativen Medienwelt. Als Digital Natives haben Kinder und Jugendliche quasi einen natürlichen und unmittelbaren Zugang zu interaktiven Medien. Durch diese Schnittstelle entstehen neue Chancen für eine aktive Teilhabe von Kindern und Jugendlichen am gesellschaftlichen Leben (vgl. Lauffer 2009: 1f). Zur Nutzung von elektronischer Kommunikation und neuer Medientechnik wird Medienkompetenz benötigt. Nur eine adäquate Medienkompetenz trägt dazu bei, Chancen der elektronischen Kommunikation produktiv und kreativ zu nutzen.

Die
Situationen der Kooperationspartner in den einzelnen Stadtbezirken stellen sich aufgrund gewachsener Strukturen unterschiedlich in Anzahl und Art dar. Der Planungsprozess der Spielleitplanung zielt auf eine enge Zusammenarbeit von diversen Institutionen im Stadtbezirk, um im Prozess zu kooperieren. Im Sinne der Öffentlichkeitsarbeit im Planungsprozess strebt die Prozessteuerung u. a. eine Webpräsenz an, die Kinder, Jugendliche und Erwachsene anspricht, zu dem Prozess der Spielleitplanung informiert und auch eine Chance zur Beteiligung in der Spielleitplanung bieten kann. Diese Webpräsenz wird die Öffentlichkeitsarbeit positiv verstärken.


1.1. Zielsetzungen der Diplomarbeit

In diesem Zusammenhang möchte die Diplomarbeit einen Beitrag zur Diskussion von mehr E-Partizipation in der Stadtentwicklung leisten. Die Arbeit basiert auf zwei Zielsetzungen. Das erste Ziel ist die Entwicklung einer E-Partizipationsmethode, die Jugendliche in ihrem Alltag ansprechen soll, ihre Interessen berücksichtigt und sie ermutigt, sich in der derzeitigen Phase der Bestandsaufnahme der Spielleitplanung in Dortmund zu beteiligen. Dazu wird ein redaktionelles Konzept erstellt, das Handlungsempfehlungen für die Prozesssteuerung der Spielleitplanung in Dortmund ausspricht, auf welche Weise Jugendliche über das Internet in der Spielleitplanung beteiligt werden können und in welchem Rahmen einer kohärenten Öffentlichkeitsarbeit diese Methode eingebettet werden kann. Das zweite Ziel ist die Formulierung genereller Hinweise zu einem Einsatz einer E-Partizipationsmöglichkeit in Stadtplanungsprozessen, als Teil einer Gesamtstrategie der Kommunikation.

Den
theoretischen Hintergrund dieser Arbeit bilden Erläuterungen zu den Themen Kommunikation in Stadtplanungsprozessen, Partizipations- und E-Partizipationsprozessen sowie Partizipation und Jugendliche. Die Analyse wird von den Themenbereichen der Qualitätskriterien zur E-Partizipation, vom Anwendungsbeispiel Spielleitplanung in Dortmund sowie von Spotlights und Ideen der Verknüpfung gebildet. In der konzeptionellen Erarbeitung wird sowohl die Entwicklung einer E-Partizipationsmöglichkeit für Jugendliche im Rahmen des strategischen Planungsverfahrens Spielleitplanung in Dortmund als Anwendungsbeispiel im Fokus stehen, als auch Hinweise für eine optimierte Öffentlichkeitsarbeit. Zudem werden generelle Einsatzhinweise zu E-Partizipationsmöglichkeiten in Stadtplanungsprozessen als Teil umfassender Kommunikationsstrategien formuliert und im Abschluss kritisch reflektiert.




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